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Zu Beginn des Gastspieles ratterten die Maschinengewehre und unter ohrenbetäubenden Explosionen krümmten sich in grellen Lichtblitzen die Schauspieler vor Schmerzen, hilflos der Gewalt ausgeliefert. Gewalt zog sich auch wie ein roter Faden durch das Stück. Gewalt, die sie selbst erlebt hatten – in ihrer Heimat im Westjordanland. Trotzdem gab es am Ende des Stückes doch noch einen Hoffnungsschimmer.

Angst und Gewalt ist das tägliche Brot der Schauspieler, die alle aus dem Flüchtlingslager Jenin (arabisch für: Gärten) im Westjordanland stammten, in dem sich auf weniger als einem Quadratkilometer Fläche rund 12.000 palästinensische Flücht- linge drängen. Die Hälfte davon sind Jugendliche, Flüchtlinge der zweiten Generation, hinter Elektrozäunen im Lager aufgewachs- en. Vor diesem Hintergrund war es für das Ensemble sehr wichtig, ihr Stück auch in einem deutschen Gefängnis aufzuführen.

Juliano Mer-Khamis hatte das Theater, das bereits von seiner Mutter in den 80er Jahren aufgebaut wurde und während der zweiten Intifada 2002 vom israelischen Militär aber zerstört wurde, im Jahr 2006 neu gegründet. Seine Ermordung im April 2011 löste einen internationalen Aufschrei aus. Dass er als "palästinensischer Jude", wie er sich selbst bezeichnete, nicht ungefährlich lebte, war aufgrund zahlreicher erhaltener Drohungen bekannt. Doch, dass er vor seinem Theater und den Augen eines seiner Kinder auf offener Straße erschossen werden sollte, damit hatte niemand gerechnet.

Unter Regisseur Nabil Al-Raee will das Ensemble nun seine Arbeit fortsetzen. Jetzt erst recht, so ist auch der Titel zu verstehen: "Sho Kman – Was noch?". Und so geht es vor diesem Hintergrund in dem Stück auch um Unterdrückung, Unterwerfung, Korruption, Erniedrigen und Machtmissbrauch, aber vor allem immer wieder um Gewalt. Die gesamte Vorstellung hatte ein rasantes Tempo, atemlos wurde einem ein "Schreckenszenario" nach dem anderen serviert, dabei wurde das Böse von einer Figur dargestellt, die entfernt an eine Mischung aus Michael Jackson und einem "Nazi-Schergen" erinnerte. Die ganze Aufführung kam ohne bekannte Worte aus, die Schauspieler bedienten sich einer Phantasiesprache, die dennoch klar verständlich war. Untermalt wurde das Ganze von einem Klangteppich, der mit Geräuschen und passender Musik von Queen über arabischen HipHop bis hin zum Orchester die Wirkung der Szenen zusammen mit den fantastischen Lichteffekten noch verstärken konnte.

Letztendlich geben die Inhalte der Szenen bis zum Schluss keinen Anlass zur Hoffnung auf Änderung. Der Hoffnungsschimmer der von diesem Stück ausgeht ist die Art, wie die Schauspieler ihren selbst erlebten Alltag auf die Bühne bringen. Das "The Freedom Theatre" Jenin will mit Mitteln der Kunst soziale und politische Veränderung erreichen. Den Kindern aus Jenin will es unterschiedliche Möglichkeiten eröffnen, eigene Fähigkeiten zu entfalten und das Selbstvertrauen aufzubauen, das sie brauchen, um ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen, so heißt es auf den Webseiten des Theaters. Und genau das haben die Schauspieler eindrucksvoll unter Beweis gestellt und nähren so bei dem Betrachter die Hoffnung auf einen möglichen Frieden im Westjordanland.

Bildergalerie zum Auftritt des "The Freedom Theatre" in der JVA Schwerte am 18.10.2011:

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